Folsäure bei Kinderwunsch

Folsäure: Der Schlüssel zu einer gesunden Schwangerschaft
In der Schweiz besteht bei einer ausgewogenen und abwechslungsreichen Ernährung für gesunde Erwachsene in der Regel keine Notwendigkeit, Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen.
Eine Ausnahme bildet Folsäure - die synthetische Form des B-Vitamins „Folat“: Frauen mit Kinderwunsch und Schwangeren im ersten Drittel der Schwangerschaft wird empfohlen, Folsäure zusätzlich zur normalen, möglichst folatreichen Ernährung einzunehmen. Studien haben gezeigt, dass bereits 400 Mikrogramm des B-Vitamins dazu beitragen, das Risiko für Fehlbildungen des Nervensystems (Neuralrohrdefekte wie z.B. Spina bifida, im Volksmund „offener Rücken“ genannt) beim Kind zu senken.
- Was genau ist eigentlich Folsäure?
- Was macht Folsäure zu einem lebenswichtigen Vitamin?
- Wieso ist Folsäure bei Kinderwunsch so wichtig?
- Wie lange vor einer Schwangerschaft sollte Folsäure eingenommen werden?
- Wie viel Folsäure ist in der Schwangerschaft nötig?
- Folsäure über die Ernährung decken?
- Welche Lebensmittel enthalten Folsäure?
- Folsäure und Fruchtbarkeit: Verbesserung der Fruchtbarkeit bei Mann und Frau
- Genug ist genug - und wann ist es zu viel?
- FAQs zum Thema Folsäure bei Kinderwunsch
Was genau ist eigentlich Folsäure?
Folsäure, auch Vitamin B9 genannt, ist ein wasserlösliches Vitamin, das eine Schlüsselrolle bei verschiedenen Körperfunktionen spielt, insbesondere bei der Zellteilung und der DNA-Synthese. Folsäure kommt als so genanntes Folat natürlich in der Nahrung vor und wird in reiner Form auch synthetisch hergestellt. Trotz ihrer lebenswichtigen Bedeutung für den menschlichen Körper kann Folsäure nicht vom Körper selbst produziert werden und muss daher über die Nahrung oder als Nahrungsergänzungsmittel aufgenommen werden.
Was macht Folsäure zu einem lebenswichtigen Vitamin?
Folsäure gilt als lebenswichtiges Vitamin, da es für die Bildung neuer Zellen und damit für das Wachstum und die Entwicklung des menschlichen Körpers unentbehrlich ist. Vor allem in der Frühschwangerschaft unterstützt Folsäure die gesunde Entwicklung des Embryos und kann das Risiko von Geburtsfehlern, insbesondere von Neuralrohrdefekten wie Spina bifida, deutlich senken
Wieso ist Folsäure bei Kinderwunsch so wichtig?
Obwohl Folsäure für alle Menschen wichtig ist, ist sie für Frauen, die schwanger sind oder eine Schwangerschaft planen, von besonderer Bedeutung. Der Bedarf an Folsäure steigt während der Schwangerschaft und Stillzeit deutlich an.
Da viele Schwangerschaften ungeplant sind und die kritische Entwicklungsphase des Nervensystems früh beginnt, ist es sinnvoll, dass Frauen im gebärfähigen Alter, die eine Schwangerschaft nicht ausschließen, eine ausreichende Versorgung mit Folsäure sicherstellen.
Studien haben gezeigt, dass eine ausreichende Folsäureversorgung das Risiko für verschiedene Fehlbildungen reduzieren kann, was die Bedeutung einer frühzeitigen und ausreichenden Folsäurezufuhr unterstreicht.
Das Präventionspotenzial von Folsäure umfasst verschiedene Fehlbildungen mit
a) sehr guter Evidenz
- Neuralrohrdefekte
b) gute Evidenz (für folsäurehaltige Multivitaminpräparate)
- angeborene Herzfehler
- Lippen-Kiefer-Gaumenspalten
- Fehlbildungen der Harnwege
- Verschluss des Darmausgangs
- Gliedmassendefekte
c) Mögliche Ursachen
- Weitere Fehlbildungen wie Hypospadie, Pylorusstenose etc.
Quelle: Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV
Wie lange vor einer Schwangerschaft sollte Folsäure eingenommen werden?
Damit Folsäure ihre schützende Wirkung entfalten kann, ist es wichtig, dass sie rechtzeitig eingenommen wird. Frauen, die eine Schwangerschaft planen, sollten mindestens 4 Wochen vor der Schwangerschaft mit der Einnahme von Folsäure beginnen.
Denn schon etwa drei Wochen nach der Befruchtung beginnt die Entwicklung des zentralen Nervensystems mit der Bildung des so genannten Neuralrohrs, aus dem sich Rückenmark und Gehirn entwickeln. Oft noch bevor die Frau weiß, dass sie schwanger ist. Daher wird empfohlen, bereits bei bestehendem Kinderwunsch mit einer Folsäure-Supplementierung zu beginnen und diese mindestens bis zum Ende des ersten Schwangerschaftsdrittels fortzusetzen.
Wie viel Folsäure ist in der Schwangerschaft nötig?
Die empfohlene tägliche Folsäurezufuhr variiert je nach Alter, Geschlecht und Lebensumständen.
Frauen mit Kinderwunsch und Schwangere sollten jedoch zusätzlich zu einer ausgewogenen Ernährung täglich 400 Mikrogramm Folsäure zu sich nehmen, um den erhöhten Bedarf zu decken. Dieser Wert basiert auf den Erkenntnissen internationaler Fachgesellschaften und gilt als optimal, um einen Schutz zu gewährleisten, ohne die empfohlene Höchstmenge zu überschreiten.
Folsäure über die Ernährung decken?
Mit einer gesunden, ausgewogenen Ernährung, die reich an Obst, Gemüse und Vollkornprodukten ist, kann eine bedarfsgerechte Folatversorgung erreicht werden.
Während der Schwangerschaft (und Stillzeit) ist der Bedarf an diesem Vitamin jedoch erhöht, so dass in dieser Zeit eine höhere Zufuhr durch eine bewusstere Lebensmittelauswahl erforderlich ist.
Unabhängig von der Folatzufuhr über die Nahrung wird Frauen, die schwanger werden wollen oder könnten, sowie Schwangeren im ersten Schwangerschaftsdrittel zur Vorbeugung von Neuralrohrdefekten beim Kind die tägliche Einnahme eines Folsäurepräparates mit 400 Mikrogramm Folsäure empfohlen.
Empfehlungen zur Folsäurezufuhr:
- Gesunde Erwachsene 400 μg (= 0,4 mg) Folat-Äquivalente/Tag;
- Zur Prävention von Neuralrohrdefekten (NRD) zusätzlich 400 μg synthetische Folsäure/Tag;
- 1 Folatäquivalent = 1 μg Nahrungsfolat = 0,5 μg synthetische Folsäure;
- Rauchen, Alkoholkonsum und die Einnahme bestimmter Medikamente erhöhen den Folsäurebedarf.
Welche Lebensmittel enthalten Folsäure?
Folsäure kommt in vielen Lebensmitteln vor, insbesondere in dunkelgrünem Blattgemüse wie Spinat und Grünkohl, Hülsenfrüchten, Nüssen und einigen Obstsorten.
Die Tagesdosis von 400 μg Folatäquivalent ist enthalten in:
Weizenkeime | 114g |
Sojabohnen* | 178g |
weisse Bohnen* | 180g |
Nüsslisalat | 250g |
Kalbsleber* | 333g |
Spinat* | 417g |
Rosenkohl* | 409g |
Broccoli* | 491g |
Erdbeeren | 645g |
Blumenkohl* | 651g |
Vollkornbrot | 889g |
Tomaten | 1667g |
Kartoffeln* | 1929g |
Äpfel | 3077g |
* entspricht dem Gehalt im gekochten Produkt = Rohprodukt minus 50% Kochverlust
Quelle: Schweizer Nährwertdaten V2.01, ETH Zürich & Bundesamt für Gesundheit
Folsäure und Fruchtbarkeit: Verbesserung der Fruchtbarkeit bei Mann und Frau
Interessanterweise wirkt sich Folsäure nicht nur positiv auf die weibliche, sondern auch auf die männliche Fruchtbarkeit aus. Eine ausreichende Versorgung kann sowohl die Qualität der Eizellen und den Eisprung bei der Frau als auch die Spermienqualität beim Mann verbessern.
- Bei Frauen: Folsäure unterstützt den Eisprung, die Hormonregulation und die Einnistung der Eizelle.
- Bei Männern: Folsäure fördert die Spermienproduktion, verbessert die Spermienqualität und schützt vor DNA-Schäden.
Eine frühzeitige und ausreichende Zufuhr von Folsäure kann somit die Chancen auf eine erfolgreiche Empfängnis erhöhen und gleichzeitig das Risiko von Fehlbildungen beim Kind senken.
Genug ist genug - und wann ist es zu viel?
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt Frauen mit Kinderwunsch und Schwangeren täglich 400 Mikrogramm Folsäure zusätzlich zur Nahrung. Insgesamt sollte die Zufuhr 1.000 Mikrogramm pro Tag nicht überschreiten, da bei einer Überdosierung Nebenwirkungen wie Hautreaktionen oder Störungen des Vitamin-B12-Haushalts auftreten können. Daher ist es wichtig, die Dosierungsanweisungen der Präparate zu beachten und einen Arzt oder eine Ärztin zu befragen.
FAQs zum Thema Folsäure bei Kinderwunsch
Nahrungs-Folate und synthetische Folsäure
Nahrungsfolate werden aufgrund ihrer chemischen Struktur im Darm nur zu etwa 50 % resorbiert, während synthetische Folsäure in Form von Tabletten, Kapseln oder Brausetabletten nahezu vollständig (fast 100 %) resorbiert wird, wenn sie auf nüchternen Magen eingenommen wird. Synthetische Folsäure, die Lebensmitteln zugesetzt wird (angereicherte Produkte), wird zu etwa 85 % resorbiert. Diese Unterschiede in Zusammensetzung und Resorption zwischen Nahrungsfolaten und synthetischer Folsäure führten zur Einführung des Begriffs "Folatäquivalent" (D-A-CH-Referenzwerte). Um den gleichen Folsäurebedarf zu decken, muss etwa die doppelte Menge an Nahrungsfolat im Vergleich zu synthetischer Folsäure (in galenischer Form) zugeführt werden. Da Folsäure ein wasserlösliches Vitamin ist, kann es vom Körper nicht in größeren Mengen gespeichert werden. Zudem ist der Folsäurestoffwechsel eng mit dem Stoffwechsel anderer B-Vitamine, insbesondere B12, B6 und B2, verknüpft.
Quelle: Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV
Was ist ein Neuralrohrdefekt?
Neuralrohrdefekte (Spina bifida - offener Rücken und Anenzephalie - Fehlbildung des Gehirns) entstehen durch eine Störung der Entwicklung des Neuralrohrs in der Frühschwangerschaft. Das Neuralrohr ist die embryonale Struktur, aus der sich das zentrale Nervensystem (Gehirn und Rückenmark) entwickelt. Normalerweise schließt sich das Neuralrohr zwischen dem 18. und 28. Tag nach der Befruchtung. Bei einem Defekt schließt sich das Neuralrohr nicht vollständig, was zu schweren Missbildungen führen kann.
Häufigkeit von Neuralrohrdefekten
Weltweit sind etwa 1-5 von 1.000 Geburten betroffen (je nach Region und Folsäureversorgung).
In Industrieländern liegt die Häufigkeit dank Folsäure-Supplementierung bei etwa 1 bis 2 von 1.000 Lebendgeburten. In Ländern mit guter medizinischer Versorgung und gezielter Folsäureprophylaxe konnten die Fallzahlen zum Teil deutlich gesenkt werden.
Wovon hängt das Risiko für Neuralrohrdefekte ab?
Das Risiko für Neuralrohrdefekte hängt von genetischen und umweltbedingten Faktoren ab, d.h. von
- vorheriges Kind mit NRD
- der Folsäureversorgung der Mutter
- der Einnahme bestimmter Medikamente (z.B. Folsäure-Antagonisten)
- der sozialen Schicht und der entsprechenden Ernährung
- dem Gesundheitszustand der Mutter (Risikofaktoren sind z.B. Diabetes, epileptische Anfälle, starkes Übergewicht).
Quelle: Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV
Wie lange sollte Folsäure eingenommen werden?
Folsäure sollte mindestens bis zum Ende des ersten Trimesters (12. Schwangerschaftswoche) eingenommen werden. Viele Ärztinnen und Ärzte empfehlen, die Einnahme bis zum Ende der Schwangerschaft und während der Stillzeit fortzusetzen, da Folsäure die allgemeine Gesundheit von Mutter und Kind unterstützt. Wird man auch nach mehreren Monaten nicht schwanger, sollte man die Einnahme fortsetzen, um den Folsäurespiegel stabil zu halten und die Fruchtbarkeit zu fördern.
Kann man mit Folsäure schneller schwanger werden?
Folsäure beschleunigt die Empfängnis nicht direkt, kann aber die Fruchtbarkeit positiv beeinflussen, indem sie
- die Eizellreifung unterstützt
- die Qualität der Eizellen verbessert
- den Hormonhaushalt ausgleicht
- und die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Einnistung erhöht.
Studien zeigen, dass Frauen mit einem guten Folsäurestatus schneller schwanger werden als Frauen mit einem Folsäuremangel.
Wie lange dauert es, bis Folsäure wirkt?
Der Körper beginnt innerhalb von 24 bis 48 Stunden, Folsäure aufzunehmen und zu verwerten. Es dauert jedoch etwa vier bis zwölf Wochen, bis sich ein ausreichender Folsäurespiegel im Körper aufgebaut hat, um die Fruchtbarkeit und die frühe Embryonalentwicklung optimal zu unterstützen. Deshalb wird empfohlen, mindestens vier Wochen vor einer geplanten Schwangerschaft mit der Einnahme zu beginnen.
Wie macht sich ein Folsäuremangel bemerkbar?
Ein Folsäuremangel kann folgende Symptome hervorrufen
- Müdigkeit und Abgeschlagenheit
- Blässe
- Konzentrationsstörungen
- Kopfschmerzen
- Reizbarkeit
- Haarausfall
- Erhöhte Infektanfälligkeit
- Bei Frauen mit Kinderwunsch können auch Zyklusstörungen und eine schlechtere Eizellqualität auftreten.
Eine Blutuntersuchung beim Frauenarzt kann den Folsäurespiegel überprüfen.
Kann Folsäuremangel zu Unfruchtbarkeit führen?
Ein Folsäuremangel kann die Fruchtbarkeit beeinträchtigen, führt aber in der Regel nicht direkt zur Unfruchtbarkeit. Er kann jedoch den Menstruationszyklus stören, die Eizellreifung beeinträchtigen, die Hormonproduktion negativ beeinflussen und das Risiko für Fehlgeburten erhöhen. Ein ausgeglichener Folsäurespiegel ist daher wichtig, um die Fruchtbarkeit zu optimieren.